Aufhören

22.03.2022

"You either die a hero or you live long enough to see yourself become the villain."

Ich habe in letzter Zeit oft darüber nachgedacht, wie man es verhindern kann aus guten Absichten etwas schlechtes entstehen zu lassen.

Die Geschichte verläuft immer ähnlich. Man sieht etwas ungerechtes oder schlechtes und versucht es zu verbessern. Man baut sich eine Gemeinschaft auf und kämpft für seine Sache. Man hat Ideen und bekommt weitere Unterstützung und ist am Ende vielleicht sogar erfolgreich.

Man wird von allen bejubelt für die Weitsicht und die guten Ideen. Immer mehr Leute folgen der Bewegung.

An dieser Stelle, wäre der richtige Moment aufzuhören. Das Problem ist gelöst, es geht allen besser und die Welt ist ein Stückchen gerechter geworden.

Stattdessen lässt man sich die Macht zu Kopf steigen und denkt man hat eine Lösung für alles. Ab hier geht es dann Berg ab und man wird zu dem Bösen in der Geschichte.

Man umgibt sich immer mehr mit "Ja-Sagern" und duldet keinen Widerspruch mehr.

Alle anderen sind Idioten und ich bin der einzige der die Lösung kennt und muss sie gegebenenfalls mit Gewalt durchsetzen.

Dann wird eine andere Gruppe unterdrückt. Anstatt eine gerechtere Welt zu erschaffen, ist jetzt einfach eine andere Gruppe am Drücker.

Es werden Regeln und Gesetze erlassen die sicherstellen, dass die aktuelle Position so bleibt wie sie ist.

Niemand möchte auf die Macht, den Ruhm und den Reichtum verzichten.

So ähnlich laufen die Geschichten von Autokraten ab. Erst werden sie gefeiert, dann unterdrücken sie ihre Feinde und irgendwann ist es zu spät.

Dadurch entstehen neue Probleme und es braucht neue Helden, die diese Probleme lösen.

Ich glaube es ist extrem schwierig sich aus diesem Sog der Macht herauszuziehen.

Aus diesem Grund bewundere ich Nico Rosberg, obwohl ich mich nie für die Formel 1 interessiert habe. Er hat aufgehört, nachdem er Formel-1-Weltmeister geworden ist. Das finde ich sehr beeindruckend. Er hat wahrscheinlich den besten Moment gewählt, um aufzuhören.

Viele hängen den Erfolgen hinterher und rennen alten Höchstleistungen hinterher, erreichen sie aber immer seltener. Irgendwann kommt der Punkt an dem es nur noch peinlich ist.

Mir ist das beim Handball aufgefallen. Vor uns haben oft die Alt-Herren gespielt. Teilweise waren sie noch sehr ehrgeizig, konnten ihre Ziele aber nicht mehr erreichen, weil ihr Körper es nicht mehr hergibt. Es war mir teilweise sehr unangenehm mir das anzugucken und ich habe mich etwas geschämt. Sie hätten einfach aufhören sollen und sich etwas anderes suchen sollen.

Teilweise haben sie auch hart gefoult und andere verletzt, weil sie nicht mehr schnell genug waren. Sie konnten es einfach nicht akzeptieren und haben wohl keine andere Möglichkeit gesehen.

Meine Mutter hat immer gesagt, dass sie auf Feiern geht, wenn es am Schönsten ist. Mein Papa entgegnet dann immer, woher man wissen soll, das es am Schönsten war, wenn man nicht bis zum Ende da war.

Genau das ist die Schwierigkeit. Wie erkenne ich, wann ich zurücktreten und die Macht abgeben muss? An welchem Punkt ist genug? Wann übertreibe ist es?

Man darf sich nicht nur von Ja-Sagern umgeben, sondern braucht auch kritische Stimmen. Niemand hat die Wahrheit für sich gepachtet. Wir alle brauchen Unterstützung, um schwierige Probleme zu lösen. Niemand kann alles bedenken. Wir brauchen Vertraute, die uns sagen, wie die Dinge wirklich sind.

Ich habe mal von einer Revolution gehört, bei der es wirklich gut geklappt hat. Der Führer hat die Macht übernommen, die Lage für alle verbessert, Schulen und Krankenhäuser gebaut und dann die Macht abgegeben hat. Wie hat er das geschafft?

Ich habe das auch oft bei Influencern erlebt. Zuerst kann man sich mit Ihnen identifizieren, sie haben ähnliche Probleme und gute Ratschläge. Dann kommt der Erfolg und sie entfernen sich immer weiter von der Realität. Sie leben in einer völlig anderen Welt, als ihr Publikum und verlieren den Bezug zu ihnen.

In Wahrheit ist es doch ziemlich ätzend, über anderen zu stehen und ihnen sagen zu müssen, was sie zu tun haben. Man muss sich um alles und jeden kümmern und ist an allem Schuld. Man wird von niemandem gemocht und kann niemandem vertrauen.

Was ist dein Traum? Wie kann ich helfen?