Lockerheit

25.12.2022

Ich habe gestern festgestellt, dass mir die Lockerheit völlig abhandengekommen ist.

Alles was ich tue, muss mich irgendwie weiterbringen. Ich sehe Spaß nicht als etwas, dass sich lohnt.

Alles wirkt irgendwie so ernst und muss professionalisiert werden.

Ich bewerte Dinge nur danach, ob ich etwas davon habe oder nicht. Alles andere zählt nicht.

Dadurch fallen viele Dinge natürlich sofort durch das Raster.

Dabei sind es oft die Dinge, die mir scheinbar nichts bringen, die am wichtigsten für ein zufriedenes und erfülltes Leben sind.

Ich habe überlegt im Urlaub ein bisschen zu zocken. Das habe ich aber schnell wieder verworfen, weil es mich nicht weiterbringt. Ich sehe nur den Aufwand und am Ende kein Ergebnis.

Bei den ganzen Quests und dem Gedanken daran immer von einem Ort zum anderen laufen zu müssen, vergeht mir die Lust. Ich sehe nur die Arbeit.

Das es mir auch Spaß machen könnte ziehe ich nicht in Betracht.

Ich richte meine Wohnung nicht weiter ein, weil ich nur die hohen Kosten und den Aufwand sehe. Dass ich mich viel wohler fühlen würde, wenn meine Wohnung schön eingerichtet wäre, sehe ich nicht als Nutzen. Es geht ja auch so.

Das möchte ich ändern.

Es macht einen sehr großen Unterschied, ob ich mich zu Hause wohl fühle oder nicht.

Und es lohnt sich Zeit und Geld zu investieren, um das zu erreichen.

Das Gleiche gilt für "Zeit mit Freunden" verbringen. Ich habe nicht unmittelbar etwas davon. Trotzdem tut es mir sehr gut. Selbst wenn wir nur herumalbern und nichts von Bedeutung besprechen. Ich kann die Zeit trotzdem genießen und sie ist mehr wert als vieles andere.

Ich zögere, auch neue Dinge anzufangen, nur weil ich denke, dass es mir wahrscheinlich nicht gefallen wird. Das weiß ich aber erst, nachdem ich es ausprobiert habe. Selbst wenn es mir am Ende nicht gefällt, kann es mir viel Spaß gemacht haben, es auszuprobieren.

Es muss nicht alles mein neues Hobby werden. Ich kann Sachen auch nur einmal oder für einen kurzen Zeitraum machen.

Nur weil es keine lebenslange Leidenschaft von mir wird, muss es nichts schlechtes sein.

Nicht alles, was ich tue, muss sich gut auf meinem Lebenslauf oder einem Dating Profil machen.

Ich kann Dinge auch einfach tun, weil sie mir in diesem Moment Spaß und Freude machen.

Ich habe nichts davon, der reichste, erfolgreichste oder produktivste Mann auf dem Friedhof zu sein.

Ich möchte begreifen, dass das hier mein wahres Leben ist und nicht erst die Generalprobe.

Bis zum Studium ist mir das wirklich ganz gut gelungen. Ich habe das ernst genommen, was ich ernst nehmen sollte, habe es aber auch nicht übertrieben. Ich habe getan, was ich musste, damit es weitergeht.

Ich hatte viel Spaß und habe viele vermeintlich nutzlose Dinge getan. Ich war deutlich zufriedener. Ich habe mir viel weniger Sorgen und Gedanken um mein Leben gemacht. Es war alles noch nicht so ernst.

Diese Professionalisierung ist einer der Gründe, warum mir das Handballspielen keinen Spaß mehr gemacht hat. Ich wollte einfach nur ein bisschen Sport mit Freunden machen. Es ist aber immer mehr dazugekommen und auch beim Training war immer weniger Zeit für Tricks und Spaß.

Das gleiche habe ich in den letzten Jahren mit meinem Leben gemacht. Es ist ein schleichender Prozess. Es wird immer ein bisschen mehr, sodass es mir gar nicht so bewusst geworden ist.

Ich habe viel Zeit „verschwendet“ und das gemacht, worauf ich gerade Lust hatte.

ich habe mir viel weniger Gedanken und Sorgen um meine Zukunft gemacht. Ich bin davon ausgegangen, dass es schon irgendwie gut ausgehen wird. Ich war zu beschäftigt, um mir darüber den Kopf zu zerbrechen.

Ich bin meinen Interessen einfach gefolgt. Ich habe viel ausprobiert und vieles auch wieder aufgegeben.

Nach und nach habe ich damit aber aufgehört, weil es mich nicht wirklich weitergebracht hat. Ich hatte auf einmal den Drang immer besser werden zu müssen. Alles, was dem im Weg stand, habe ich reduziert und schließlich eliminiert.

Ich habe angefangen, mein Tag immer kleinschrittiger zu strukturieren und alles zu tracken.

Ich habe aber vergessen auf meine Lebensqualität zu achten.

Die ist meinem Streben nach immer mehr zum Opfer gefallen.

Vielleicht wäre es das wert gewesen, wenn ich Michael Phelps oder Michael Jordan geworden wäre.

Ich bin aber sehr weit davon entfernt, der beste in irgendetwas zu sein.

Bei meinem Versuch, das optimale Leben zu konstruieren, habe ich mich immer weiter vom Ziel entfernt, weil ich nur auf externe Kennzahlen, wie Gewicht, Körperfettanteil oder Gehalt, geachtet habe.

Ich habe den Fokus darauf gelegt, erfolgreich zu scheinen und nicht auf ein erfülltes Leben.

Ich bin davon ausgegangen, dass das eine zum anderen führt.

Ich glaube aber langsam, dass ich die Gleichung falsch herum betrachtet habe.

Ein erfülltes und glückliches Leben führt zu einem erfolgreichen.

Dazu gehört natürlich auch harte Arbeit, ist aber nicht alles. Sie kann aber auch befriedigend wirken.

Ich habe es besonders beim Training gemerkt. Wenn es mir Spaß macht, fällt es mir leichter, hinzugehen und härter zu trainieren. Das führt dann zu größeren Fortschritten.

Es ist mir viel leichter gefallen hinzufahren, und der Widerstand war deutlich geringer.

Auch die Gedanken lockerer zu trainieren, sind seltener geworden. Es ist mir leichter gefallen, sie zu ignorieren.

Es ist eine Aufwärtsspirale. Es macht mir Spaß, ich sehe Fortschritte und werde dadurch in meinem Vorgehen bestärkt.

Es fühlt sich irgendwie komisch an, von Erfolgen zu schreiben. Es fühlt sich für mich nicht so an, als wenn ich viel erreicht hätte.

Schließlich bin ich keine Berühmtheit, die eine Biografie veröffentlichen sollte.

Wahrscheinlich brauche ich einfach mal ein Realitätscheck.

Ich möchte mehr Spaß haben und mein Leben mehr genießen.

Ich möchte mir selbst nicht mehr so viel Druck machen, schneller, höher und weiter kommen zu müssen.

Ich möchte akzeptieren, dass es reicht durchschnittlich zu sein.

Was ist dein Traum? Wie kann ich helfen?